Die moderne Einkaufsorganisation – akt. Ausgabe BIP 3/2022

BIP Fachkräftemangel TALENT-net
BIP BESCHAFFUNGSPROZESSE TALENT-net

BIP Titelthema: Die moderne Einkaufsorganisation – Garant für eine erfolgreiche Krisenbewältigung. 

Das Seufzen im Mittelstand –
von Baustellen und Potenzialen

Aktuelle Ausgabe BIP 3/2022 (September)

BESCHAFFUNGSPROZESSE In den KMU ringen viele Einkäufer mit der Transformation ihrer Abteilungen. BIP macht eine aktuelle Bestandsaufnahme und gibt Handlungsempfehlungen.

Transformation strengt an. Auch mental. Wer wird künftig welche Aktivitäten erbringen dürfen bzw. müssen?  Und wenn das Ganze unter erschwerten Bedingungen umgesetzt werden muss – enge Versorgungslage, mangelnde (Daten-)Transparenz, teilweise explodierende Kosten – wird es ganz schnell  kritisch. Erhoffte (dem Vorstand prognostizierte) Ergebnisse lassen dann lange auf sich warten. Wie kann der Einkauf in KMU in die Rolle des Managers der externen Wertschöpfung hineinwachsen?

Was generell gilt. Wer intern Reputation gewinnen will, muss vorher Kapazitäten für seine strategische Arbeit frei­ setzen. Die Geschäftsführung muss hinter den Veränderungen stehen und dem Einkauf den Rücken freihalten. Strategiearbeit darf nicht zu schlechterer Versorgung fuhren. Lösungen dürfen keinen Mehraufwand für Einkäufer und Bedarfsträger bedeuten. Nur wer reale Vorteile erfahrt, wird auch ,,mit­ genommen”.

Typische Fehler. ,,Wenn nicht klar ist, wie die Trennung zwischen ,strategisch’ und ,operativ’ umzusetzen ist, lauft in die Falle. Folge: Aktionen wer­ den in Krisensituation unter Druck wieder vermischt, jeder macht wieder alles”, sagt Axel Butterweck, der 14 Jahre als CPO der Schweizerischen Post verantwortlich war. Er weiß: ,,Der schlimmste Fehler ist, persönliche Befindlichkeiten in die neue Organisation mitzunehmen. Unklarheit lahmt. Strategische Einkäufer, die wieder operatives Tagesgeschäft verrichten, fühlen sich degradiert. Das birgt die Gefahr einer zumindest innerlichen Kündigung.” Oft sei auch eine Fehleinschatzung des eigenen Leistungsniveaus zu beobachten. Beispiel: ,,Beim Thema Materialgruppenmanagement halten sich viele Einkäufer mittlerweile für gut aufgestellt, obwohl in der Praxis noch immer Medienbrüche und Intransparenz bei Daten und Prozessen an der Tagesordnung sind. Das verhindert belegbare echte Erfolge.”

Too much information. Butterweck war in Bern bei der Post zuletzt in umfassende Change-Projekte involviert, und er adressiert auch heute als Geschäftsführer der TALENT-net (Schweiz) GmbH das erfolgskritische Thema Veränderungen (neben anderen). Er sagt: ,,Menschen verlieren durch ein Zuviel an Informationsquellen wie Internet und Sitzungen das Gefühl für das Wichtige zum richtigen Zeitpunkt. 24- Stunden-Verfügbarkeit und stringente Zeiteinteilung gehen nicht wirklich zusammen.” Wer sich auf eine längere Reise wie Transformation konzentrieren müsse, benötige aber ausreichend Zeit, etwa für eine neue Warengruppeneinteilung, die von alleine gelebt werden soll.

Warengruppenorganisation. Butterweck empfiehlt KMU eine klare Warengruppenstruktur inklusive Lieferantenmanagement. Es gelte, eine Prozessübersicht zu schaffen, notwendige Prozesse zu dokumentieren und anschließend strategische und operative Aufgaben zu trennen. Beide ,,Abteilungen” sollten je einen Teamleiter haben, der direkt an den Einkaufsleiter berichtet. Teams seien im Hinblick auf Prozesse und Arbeitsweise zu schulen. Fragen im Tagesgeschäft seien zum Start über die Teamleiter zu klaren und Prozesse im Verlauf gegebenenfalls neu zu justieren. Spielregel Nummer eins: ,,Wird ein Prozess geändert, ist die Dokumentation anzupassen. Und: ,,Nach einer Übergangsphase von sechs bis zwölf Monaten kann man beginnen, die einzelnen Warengruppen selbst arbeiten zu lassen.”

Bildquelle/-Lizenz: ©In: BIP – Best in Procurement, 3/2022, Text: Sabine Ursel (Wiesbaden)