Nachhaltige Beschaffung
Was bedeutet nachhaltige Beschaffung für den Einkauf der Zukunft? Im Kommentar von Dr. Hugo Eckseler vor 2 Wochen wurde dargestellt, welche Herausforderungen auf den Einkauf der Zukunft zukommen. Neben der aktuellen operativen Herausforderung, die Lieferketten nicht abreissen zu lassen, stehen vor allem drei weitere Themenfelder im Fokus: Digitalisierung, Deglobalisierung und die nachhaltige Beschaffung.
Ein exklusiver Kommentar vom Geschäftsführer der TALENT-net (CH) GmbH über nachhaltige Beschaffung.
«Um nachhaltige Beschaffung im Unternehmen einzuführen, muss man sich als Erstes deren Bedeutung vor Augen führen. Es ist ein ganzheitlicher Prozess, der beim Top-Management beginnt und sich durch alle Bereiche durchziehen muss. Die nachhaltige Beschaffung bildet dabei das Bindeglied zwischen internen Stakeholdern und den externen Lieferanten.
Neben der Bezeichnung «nachhaltige Beschaffung» finden sich im angelsächsischen Raum zahlreiche verschiedene weitere Begriffe wie «ethical procurement», «responsible procurement», «environmental procurement», «green procurement» oder «sustainable supply management» (SSM), welche meist synonym verwendet werden. Wir nutzen zur Einheitlichkeit nur noch den Ausdruck «nachhaltige Beschaffung». Viele Definitionen des Begriffs «nachhaltige Beschaffung» greifen das Prinzip der TBL (tripple bottom line) auf, wie in der folgenden Begriffsbestimmung deutlich wird:
“Sustainable procurement: Procurement that has the most positive environmental, social and economic impacts possible over the entire life cycle.” – ISO 20400 (2017)
Ist man sich der Definition der nachhaltigen Beschaffung bewusst, ist es essentiell, sich klarzumachen, was es im Unternehmen dafür braucht. Meiner Meinung nach sind es vier verschiedene Dimensionen, welche die Beschaffung langfristig nachhaltig gestalten. Der erste Schritt beginnt mit einer Evaluation der verschiedenen Warengruppen in Bezug auf Ökonomie, Ökologie und Soziales. Das Ergebnis dieser Evaluation ist eine Prioritätenliste, welche Warengruppen bezüglich Marktkomplexität und Nachhaltigkeit den höchsten Impact aufweisen. Die zweite Dimension umfasst, das Design und die Produktion der Produkte. Hier muss sich der Einkauf für die nachhaltige Beschaffung bereits früh mit der Entwicklungsabteilung des eigenen Hauses und des Lieferanten abstimmen. Die dritte Dimension umfasst die konsequente Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, um langfristig das spezifische Wissen, in den einzelnen Warengruppen, den einzelnen Mitarbeitern beizubringen und damit auch gleichzeitig die sich ständig ändernden Anforderungen optimal umsetzen zu können. In der vierten Dimension gilt es die Lieferkette transparent zu machen, indem man die first-TIER-Lieferanten analysiert und deren Lieferkette kennenlernt – von der Rohstoffgewinnung, über notwendige Transporte, bis hin zur Produktion beim Lieferanten und dem Transport zum eigenen Unternehmen. Erst wenn man diese vier Dimensionen ganzheitlich erarbeitet und umsetzt, ist eine nachhaltige Beschaffung für das Unternehmen gewährleistet.”
Axel Butterweck, Geschäftsführer TALENT-net (CH) GmbH